Über unsere Veranstaltung berichtet Harald Westbeld in den WN:

Mit der Zeitenwende nach Beginn des Ukraine-Kriegs ist der Naturschutz in die Defensive geraten. Für Dr. Jan-Niclas Gesenhues, Staatssekretär im Bundesumweltministerium, eine fatale Entwicklung: „Es geht um unsere Lebensgrundlage“, also darum die Menschen zu schützen. Für den Grünen-Politiker aus Emsdetten muss die „Umweltpolitik wieder in die Offensive kommen.“ Nach Wolfgang Thierse und Karl-Josef Laumann beschloss er am Mittwochabend im Pfarrheim die gemeinsame Vortragsreihe des Katholischen Bildungswerks mit dem Arbeitskreis Kunst-Kultur-Kirche.

Wie bei seinen Vorrednern ging es zunächst um die persönliche Verbindung zum Glauben, diesmal in Form eines Dialoges mit Alfons Sundermann, der den Abend moderierte. Wenn er in anderen Regionen unterwegs sei, werde ihm erst bewusst, wie stark das Münsterland katholisch geprägt sei, erklärte Gesenhues.

Persönlich komme sein soziales Interesse aus dem Elternhaus. Volkswirtschaft zu studieren sei seine Idee nach dem Abitur gewesen, aber seine Eltern hätten gefragt, „warum macht du nichts mit Menschen?“. Was erst einmal zu einem freiwilligen Jahr in der Entwicklungsarbeit im Ausland geführt habe. Zudem sei es Anstoß zu seinem Buch „Offensiver Umweltschutz – wie wir Natur und Wohlstand retten können“ gewesen.

Auf dessen Grundlage entwickelte Gesenhues seine Gedanken zur Umweltpolitik, die für ihn kein linkes Projekt sei. Dahinter stehe eine zutiefst konservative und christliche Motivation: die Bewahrung der Schöpfung. Nicht zuletzt weil die Rechtspopulisten den Naturschutz für alles verantwortlich machten, sei der Einsatz für die Umwelt unter starken Rechtfertigungsdruck geraten.

Es zeige sich aber, dass nur noch die Umweltpolitik es schaffe, ansonsten feindlich gesinnte Länder zusammenzuführen, um gemeinsame Lösungen zu suchen. Es gehe um die Existenzgrundlagen, wie extreme Dürren auf der einen und Fluten auf der anderen Seite gerade in diesem Jahr wieder vor Augen führten.

Aber auch wenn Naturschutz „materialistisch“ gesehen werde, ergebe sich die Notwendigkeit zu einem Umsteuern. 70 Prozent der Unternehmen seien abhängig von „Naturleistungen“, also nicht nur die Landwirtschaft, sondern beispielsweise auch die Medikamentenhersteller.

Eingegriffen werden müsse unter anderen beim Wasserrecht, so der 34jährige Politiker. Das stamme noch aus einer Zeit, als man glaubte, es gebe immer und überall genug davon in Deutschland. Zweites Beispiel: Bei der CO2-Reduktion werde Sparen allein nicht reichen, sondern es müsse aktiv die Einspeicherung erhöht werden. Das sei nicht zuletzt durch Wiedervernässung ehemaliger Moorgebiete möglich. Stattdessen sei die Zerstörung der Moore immer noch mit sieben Prozent der CO2-Emissionen in Deutschland an der Klimaerwärmung beteiligt, „mehr als der Flugverkehr“.

Für dringend notwendig hält Jan-Niclas Gesenhues eine Kreislaufwirtschaft, um Rohstoffe zurückzugewinnen und damit unabhängiger von anderen Ländern zu werden. Dazu beitragen könne, Geräte reparaturfreundlicher und damit langlebiger zu bauen. Für die Umsetzung brauche es eine aktivere Umweltbewegung, aber auch mehr Fachleute und einen Abbau von überbordender Bürokratie. Erste Schritte seien dazu gegangen, indem zum Beispiel der Einsatz von Recycling-Materialien bei öffentlichen Ausschreibungen besser gefördert werden solle. Die Richtlinien dazu seien erarbeitet und könnten aktuell noch von der Regierung beschlossen werden ohne Beteiligung des Bundestags.

Der Arbeitskreis Kunst-Kultur-Kirche will die erfolgreiche Vortragsreihe im kommenden Jahr fortsetzen. Alfons Sundermann kündigte an, dass es gelungen sei, noch vor der Wahl am 11. Februar den Direktor des Franz Hitze Hauses in Münster, Johannes Sabel, zum Thema „Das Menschenbild der AFD“ zu gewinnen.

Harald Westbeld