Heimsuchung in Träumen der Seherin oder Heilsbotschaft, Aufrührer oder unschuldig Gerichteter? Jesus und was er bedeutet, dieser Frage näherte sich das Ensemble Theatrum poetisch.

Das Tourneetheater muss meist mit wenig auskommen. Dem Ensemble Theatrum Schloss Hohenerxleben genügten am Sonntag in der St.-Georg-Pfarrkirche ein im Kern einfaches Bühnenbild und sehr treffend eingesetzte musikalische Akzente und Untermalungen für einen beeindruckenden, in die Tiefe führenden, poetischen Beitrag zur Passionszeit. „ Claudia Procula , die Frau des Pilatus“ nahm sich aus der Perspektive der Frau des römischen Statthalters in Judäa der Geschichte der letzten Tage von Jeschua, genannt Jesus an.

Sätze aus den Evangelien verwob die von den vier Schauspielern selbst entwickelte Dramaturgie mit Literaturzitaten und eigenen Worten zu einer hineinziehenden Folge von 14 Szenenbildern. Die Wechsel zwischen Träumen der Seherin Claudia, Dialogen und einem erzählenden Ich öffneten einladend den Blick für verschiedene Anschauungen. Seinen Beitrag dazu leistete das mehrschichtige Bühnenbild, das von der nüchterner, bereits von der Welt gezeichneten Büroausstattung des Pilatus bis zum Aufstieg der Seele in den Nachthimmel reichte.

Immer wieder kehrte das Spiel von Friederike v. Krosigk (Claudia), Thomas Zieler (Pilatus), Hubertus v. Krosigk (Jeschua) und Hannah Vongries (Claudias Schwägerin und die Priesterin der Isis) zum Thema zurück – der Auseinandersetzung mit Frage: Wer war dieser Jeschua?. Für den zwischen Macht und Gewissen hin und her gerissenen Richter Pilatus die Frage nach der Wahrheit und am Ende Grund für Verzweiflung. Für Claudia Procula in ihren Träumen zugleich Heimsuchung und Hoffnung, als sie Jeschua im Richterstuhl ihres Mannes sitzen sieht, immer noch „mit demselben Blick des Erbarmens“, während sich die Gotteshäuser als vergängliche Sandburgen zeigen. Mit ihrem Mann Pilatus, der in der Kirche teils als Mörder Jesu verdammt wird, teils heiliggesprochen ist, findet Claudia zum Licht, zu Jeschua, und der Chor ruft: „Seht, welch ein Mensch!“

Dicht und eindringlich, fragend und zweifelnd, lud „Claudia Procula“ ein, sich in der Passionszeit selbst der Frage zu stellen: Was bedeutet Jesus heute? Dafür gab es viel Applaus von den Kirchenbänken. Veranstalter waren der Arbeitskreis Kunst-Kultur-Kirche St. Georg und das Katholische Bildungswerk, unterstützt von der Volksbank.
Von Alfred Riese