Ist der „synodale Weg” in der katholischen Kirche mehr als ein „Schön, dass wir darüber gesprochen haben”? „An Papieren hat es in der Vergangenheit nicht gemangelt, wenn es nur geduldig genug war”, brachte es Werner Heckmann auf den Punkt. Gemeinsam mit Maria Schwering, Alfons Sundermann und Reinhard Baune vom Arbeitskreis Kunst -Kultur-Kirche der St.-Georg-Pfarrgemeinde in Verbindung mit dem Katholischen Bildungswerk begrüßte er kürzlich im Pfarrheim ein hoch interessiertes und diskussionsfreudiges Publikum zu einem Dialogabend.

Eingeladen als Referentin hatte das Veranstalterteam Kerstin Stegemann. Die 36-Jährige ist Vorsitzende des Diözesankomitees der Katholiken im Bistum Münster und Delegierte für die Syno-dalversammlung. „Ich bin quasi eine Vertreterin der Opposition zur Kirchenleitung” machte Kerstin Stegemann deutlich und berichtete anschaulich und lebendig aus den bisherigen Versammlungen und Diskussionsrunden. Sie beschrieb aus dem laufenden Prozess die besonderen Bedingungen, Herausforderungen und auch Chancen der Arbeit in den Dialogen zwischen Bischöfen und Laien. Sie selbst arbeitet mit im Forum „Macht und Gewaltenteilung in der Kirche”. Hier werde an wichtigen Schlüsselfragen intensiv gearbeitet und um Formulierungen in Positionstexten intensiv gerungen. Es gehe unter anderem um klare Begriffe und Unterscheidungen, um Gerichtsbarkeit, Macht auf Zeit, Zugangsvoraussetzungen zu Ämtern, Rechenschaftspflichten und pastorale Ausbildung, Laienqualifikation, Frauen in Leitungspositionen und eine Neubewertung von Talenten bei der Beauf¬tragung für kirchliche Ämter. „Das alles wird verhandelt und soll dann auch in eine verständliche Sprache gebracht werden”, so Kerstin Stegemann.

Bringt das alles etwas? Gibt es schon Lichtblicke? „Diese Fragen werden mir immer wieder gestellt”, sagte Kerstin Stegemann in der angeregten Diskussion. „Das Forum Macht arbeitet sehr schnell. Wir haben schon Zwischenbeschlüsse gefasst. Da wird sich etwas ändern”, bleibt die Vorsitzende des Diözesankomitees zuversichtlich. „Ich glaube an den Weg. Wenn ich nicht davon überzeugt wäre, würde ich die viele Zeit dafür nicht ehrenamtlich investieren.”
Ist der Prozess zu langsam? Läuft die Zeit davon und immer mehr Katholiken verlassen die Kirche? Wird in Rom vielleicht alles abgeblockt, was beim synodalen Weg erarbeitet wird? „Meine Motivation ist, dass die Kirche eine ehrliche Botschaft hat”, so Kerstin Stegemann. „Wir brauchen den Weg der Erneuerung und Umkehr. Wir dürfen uns deshalb auch nicht bremsen lassen und müssen auf das schauen, was möglich ist.” In kleinen Schritten sei Vieles umsetzbar, ohne auf Rom und die Bischöfe zu warten. „Wir werden Kompromisse finden”, betonte Kerstin Stegemann. „Mein Ziel ist es, als Kirche wieder glaubwürdig zu werden und ein Ort für die Menschen zu sein, an dem sie sicher sind”.

Seit Februar 2020 diskutieren Bischöfe, Ordensleute, Diakone und Laien über notwendige Reformen in der Katholischen Kirche. Auslöser für den „Synodalen Weg” war die sogenannte MHG-Studie zum sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche. In vier Foren beschäftigen sich die 230 Teilnehmer in einem Dialogprozess bis zum Herbst 2022 mit den Themen „Macht und Gewaltenteilung in der Kirche“, „Priesterliche Existenz heute“, „Frauen in Diensten und Ämtern in der Kirche“ und „Leben in gelingenden Beziehungen“. Ein Ziel des synodalen Weges ist es, Reformen anzustoßen und Vertrauen zurückzugewinnen. Eine der 15 Frauen und Männer, die aus dem Bistum Münster in den Foren mitarbeiten, ist Kerstin Stegemann.
Marlies Grüter, WN 12.11.2021