Warum Bohnen glücklich machen
Saerbeck. Nein, es regnet nicht, wenn die Kinder- und Familienkreise der St.-Georg-Pfarrgemeinde zum Erntedank-Gottesdienst unter freiem Himmel einladen. Kann ja gar nicht. Am Sonntagvormittag kam sogar passend zum Schlusssegen kurz die Sonne heraus.

Sie schien auf den morgens flugs aufgebauten Erntedank-Altar aus Strohballen, Sonnenblumen, Mais und Früchten – und auf rund 70 kleine und große Menschen, die sich Picknickdecken, Klapp- und Gartenstühle und Bollerwagen als Sitzgelegenheiten auf den Bolzplatz in Middendorf mitgebracht hatten.

Für Anja Daut, seit August Pastoralreferentin in St. Georg, war es der erste kombinierte Kinderwort- und Familiengottesdienst in ihrer neuen Pfarrgemeinde. Dafür hatten sich die beiden sonst mit Blick auf unterschiedliche Alters-Zielgruppen arbeitenden Vorbereitungskreise zusammengetan. Passend zum Namenstag des Heiligen Franziskus, des Franz von Assisi, griff sie gleich zur Gitarre und stimmte dessen „Laudato si“ an.

Was soll das eigentlich: Erntedank? Das war die Frage, der die Vorbereitungskreise und die Pastoralreferentin am Sonntagvormittag zusammen mit den Kindern eine halbe Stunde lang nachspürten. „Ich gehe doch in den Supermarkt, da gibt es alles. Und für das Geld zum Bezahlen habe ich ja gearbeitet. Also wofür Danke sagen?“ Eine mögliche Antwort lieferte eine Spielszene. Die Frau darin verriet ihr Geheimnis für Freude und inneren Reichtum jenseits von Geld: Bohnen. Immer, wenn ihr etwas Gutes, Schönes widerfährt, ist sie dankbar dafür und steckt eine Bohne von einer in die andere Jackentasche. Und abends ist die Handvoll Bohnen Grund, Gott zu danken für Sonne, Vögel, Freunde und Früchte. So einfach geht das.

Den Kindern und Eltern auf den Picknickdecken fiel selbst auch jede Menge ein, wofür sie dankbar sein können. Sie schrieben es auf Papierbohnen und lieferten so den Stoff für Dank-Fürbitten: Gesundheit, Eis essen gehen, Familie, schöne Wohnung, warmes Bett, Platz zum Spielen, die eigene Schwester und noch einiges mehr – Erntedank für jeden Tag, sozusagen, und vieles mit Geld nicht zu bezahlen. Oder, wie Anja Daut sagte: „Es sind nicht die Glücklichen, die dankbar sind, sondern die Dankbaren, die glücklich sind.“ Nach dem Schlusssegen gab es für jede Familie eine Tüte Bohnen zum Mitnehmen und selbst ausprobieren.

Um den kombinierten Kinderwort- und Familiengottesdienst in Corona-Zeiten durchführen zu können, hatten die Vorbereitungskreise auf dem Bolzplatz Sitzorte in Abständen mit Gläsern markiert. Darin steckten die Kontaktdaten- und Liedzettel, Stifte und die Papierbohnen. Desinfektionsmittel für die Hände gab es an den zwei Zugängen zum Bolzplatz – dort übrigens auch Zaungäste, die die Veranstaltung neugierig verfolgten. Nachdem die Kreise bei nunmehr drei Veranstaltungen mit Infektionsschutzregeln Erfahrungen gesammelt haben, heißt die Ankündigung für das nächste Hochfest: Weihnachten findet statt. „Wir überlegen uns etwas für die Krippenspiele und die Familienmesse“, kündigte Anja Daut an.

Alfred Riese