Auch mit dem zweiten Teil der Reihe „Sattelfest? Im Heute glauben und Kirche sein“ traf das katholische Bildungswerk am Donnerstagabend ins Schwarze. Bis auf den letzten Platz gefüllt war der Pfarrsaal mit Interessierten, die sich auf den Dialog mit Stephan Langer freuten.

Der Theologe und Chefredakteur der Zeitschrift „Christ in der Gegenwart“ war extra aus Freiburg angereist, um in Saerbeck das Projekt „Glauben.neu.denken“ vorzustellen.

Der Glaube, so machte Langer in seinem Referat deutlich, sei nicht statisch, sondern stets in Veränderung. „In jeder Lebensphase eines Menschen entwickelt sich der Glaube in wachsenden Ringen“, beschrieb er. „Veränderung gehörte schon immer zum Glauben dazu.“

Warum, so Langer, tut sich die Kirche dennoch so schwer, wenn es um Reformthemen geht? Mit dieser Frage beschäftigt sich das Projektteam „Glauben.neu.denken“ in Freiburg. Die Wechselwirkung zwischen Kirche und Glaube, zwischen Forum und Inhalt scheine aus der Balance geraten zu sein. „Es nützt nichts, wenn auf Synoden von der neuen Offenheit geschwärmt wird. Konkrete Veränderungen sind gefragt“, forderte Langer. „Die Verwandlung der Form ist dort nötig, wo sie den Inhalt behindert. Erneuerungen sind wichtig und richtig.“

Also einfach die Dinge anpacken und loslegen? „Rom hat viele Stoppschilder“, bedauerte Langer. Die katholische Kirche erkenne die Zeichen der Zeit nicht mehr und habe vielfach den Bezug zum Alltag der Menschen verloren. Was können die Gläubigen tun? „Entweder sie suchen nach Glaubensbiotopen, oder sie kehren der Kirche den Rücken zu und treten aus“, so Langer. Und genau hier gelte es, genauer hinzuschauen. „Gehen die Leute aus der Kirche, um ihren Glauben zu retten?“, fragte Langer. Gleichzeitig suchten ja viele Menschen nach Halt und Geborgenheit, nach Sinn und Ziel. Da könne der Glaube Antworten geben. Doch wie kann der „Kern der christlichen Botschaft, die Gefährtenschaft mit Jesus“ wieder in den Mittelpunkt gerückt werden? Die Kirche müsse sich an die Lebenswirklichkeit der Menschen anpassen, nicht umgekehrt, so Langer. „Ein Messbuch, das den Leuten nicht hinterhergeht, entfernt sich von ihnen.“

Was brauchen die Menschen, um ihren Glauben neu denken zu können? Ein Schlüssel, so Langer, sei im Freiburger Projekt der Dialog mit den Christen, die aus der Mitte heraus aus der Kirche austreten. Was bewegt die Menschen zu diesem Schritt? „Wir müssen genau auf dieses Phänomen blicken“, sagte der Theologe. „Out of the box“ zu denken, sei gefordert. Um echte Veränderungen auf den Weg zu bringen, reiche es nicht, „an den überkommenden Strukturen herumzudoktern“. „Wir brauchen mehr Gott und weniger Kirche“, so Langer.

Marlies Grüter, WN 04.11.23