Der „experimentelle Gottesdienst“ des liturgie.lab St. Georg auf dem Bolzplatz in Middendorf kam gut an. Es ging unter freiem Himmel um Schöpfung, Verantwortung und kleine Taten.

An hübschen, bienenfreundlichen Sonnenblumen im Garten kann man im nächsten Sommer vielleicht erkennen, wer am Freitag an dem experimentellen Gottesdienst „Klima-Wechsel!“ teilgenommen hat. Sonnenblumen standen in einer Vase am Anfang im Zentrum der „Andacht für die Bewahrung der Schöpfung“. Und Sonnenblumensamen gab es am Ende in kleinen Tütchen zum Mitnehmen. Als Ort hatte das „liturgie.lab“-Team der St.-Georg-Pfarrgemeinde den Bolzplatz in Middendorf gewählt – „in Gottes Garten“ und unter freiem Himmel, ohne Regen an diesem Abend.

Einen Impuls für die rund 60 Teilnehmer lieferten Plakate mit Forderungen von Klimaschützern: „Make love, not CO2“, „Make earth great again“, „Finger weg von meiner Zukunft“. In seiner „Andacht hinterlegte das liturgie.lab-Team diese Sätze mit christlichen Motiven.
Andreas Plietker und Amelie Schewe während des ersten liturgie.lab-Gottesdienstes bei der Lesung als Dialog des Buches der Psalmen mit dem Buch Ijob.

Andreas Plietker und Amelie Schewe während des ersten liturgie.lab-Gottesdienstes bei der Lesung als Dialog des Buches der Psalmen mit dem Buch Ijob. Foto: Alfred Riese

In der recht festen Abfolge der Liturgie gelangen dem liturgie.lab inhaltlich und in der Form einige Überraschungen. Als Dialog des Buches der Psalmen mit dem Buch Ijob waren die Lesungen mit zwei Lektoren gestaltet. Auf der einen Seite der Gott der Psalmen, der das Gras wachsen lässt, die Bäume tränkt, über Tag und Nacht bestimmt – auf der anderen Seite der Mensch in dieser Schöpfung, deren Weite er nicht überblickt und deren Maße er nicht setzt.

Während es schon dämmerte, brach Pastoralassistent Philipp Langenkämper die Botschaft der Bibelstellen herunter auf die Middendorfer Wiese und die Menschen dort. 100 Punkte seien das richtige Maß, zitierte er die Internetseite www.eingutertag.org. Diese Menge Punkte stehe für 6,8 Kilogramm CO2, die Obergrenze dessen, was jeder Mensch in Durchschnitt täglich produzieren darf, wenn die Welt und das Klima im Gleichgewicht bleiben sollen. Europäer bräuchten zurzeit 450 Punkte. Welche Kleinigkeit man selbst bis zum Jahresende ändern könnte, um von diesen 450 herunter zu kommen, konnte jeder für sich selbst auf einen roten Merkzettel schreiben.

Eine Andacht oder experimenteller Gottesdienst auf der Wiese, mit Festzelt- statt Kirchenbänken, mit frischen, ungewohnten Elementen, mit einem ungewöhnlich aufbereiteten, aktuellen Thema; so locker, dass zwischendurch nochmal nach der Internetadresse gefragt wurde; ein Klima-Wechsel auch bei der Stimmung der Gottesdienst-Ausführenden und -Teilnehmer: Am Ende bekam das liturgie.lab-Team kräftigen Applaus. Während Teilnehmer noch lange bei Brot und Wein zusammenblieben, wurde des Öfteren der Wunsch nach Wiederholung laut.

Alfred Riese, WN